Bambule
Grußwort Bambule-Demo 21.12.02 Holger Griebner
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Hamburgerinnen und Hamburger,
zu Weihnachten gibt’s bei uns immer einen kleinen Schein für Müllabfuhr und Briefträger. Mittwoch hab ich unseren bescheidenen Weihnachtsgruß an einen jungen Kollegen gegeben, der grade eine Tonne Müll abkippte. Ich hab ihm gesagt, dass ich einen Streik erwarte, der sich gewaschen hat. Daraufhin guckt der mich an, grinst und antwortet nur mit einem Wort: Bambule.
Dieser garstige, nachdrückliche, autonome Widerstand gegen diesen eiskalten, brutalen Lobby-Senat der Reichen, dieser Widerstand heißt seit Anfang November Bambule.
Bambule ist Hoffnung für mich. Hoffnung auf konsequenten Widerstand gegen ein weltweites System der Gewalt und der Kriege.
Als ehrenamtlicher ver.di – Funktionär möchte ich ein Wort an die GdP-Kolleginnen und –Kollegen richten, die heute wieder unfreiwillig mit uns demonstrieren müssen. Schließlich sind sie unsere treuesten Begleiter. Es gibt sehr vieles was uns trennt, nicht nur die Kleidung. Viele von Euch haben es satt wochenlang von Schill durch die Stadt gejagt zu werden. Ihr müsst uns GewerkschafterInnen und die vielen jungen Menschen, die dort ein Rückrat tragen, wo das Röntgenbild bei anderen einen Wasserschlauch zeigt, die gegen euren Dienstherren Bambule auf die Straße tragen, nicht lieben. Aber lasst euch gesagt sein: Mit uns habt ihr mehr gemeinsame Interessen als mit Eurem Dienstherren. Der behandelt Euch allemal schlechter als wir. Wir würden hier auch ohne euch bestens klarkommen. Schill jagt euch in die Kälte damit ihr für ihn Imagepflege macht. Ihr beschützt hier nicht den gelobten Kaufbürger, der vor lauter Arbeit erst heute drei Tage vorm Fest dazu kommt, sein sauer Verdientes nach Karstadt zu tragen. Ihr poliert hier den Sheriffstern vom Innensenator. Ihr werdet als Provokateure missbraucht und übt den Bürgerkrieg. Nun gut, einige von uns verrichten auch Arbeiten verrichten, die sie lieber nicht täten.
Ihr wollt drei Prozent mehr Geld. Ihr wollt kürzere Arbeitszeiten. Und ihr wünscht euch Frieden. Wir auch.
Liebe GdP-Kolleginnen und –Kollegen und Noch-Nicht GewerkschafterInnen:
Sofern der Kleiderpanzer euch nicht den Blick trübt werdet ihr sehen, das wir mehr Gemeinsames als Trennendes haben. Unser gemeinsames Interesse können wir auch nur gemeinsam durchsetzen. Ob Polizist, ob Putzfrau oder Krankenschwester, beschäftigt oder erwerbslos: Bambule gegen das System, in dem sich Reiche hemmungslos bedienen können und Arbeitende, Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger gefälligst ruhig sein sollen.
Ein Wort noch:
Ich wünsche mir zu Weihnachten, dass Bambule zum Vorbild für eine erfolgreiche Friedensbewegung wird. Dem Massenmord für Öl muss Einhalt geboten werden.
Danke.
Redebeitrag Peter Klemm am 14.12.02
Liebe Mitbürger und Mitbürgerinnen,
Die große Mehrheit des Volkes und der Gewerkschaftsmitglieder ist ohne Wenn und Aber gegen den Irak-Krieg. "Das geht doch bloß um Öl", sagt jeder. Aber Kollegen und Kolleginnen, interessieren sich die Parteien überhaupt für die Willensbildung im Volk, orientieren sich unsere Gewerkschaftsoberen immer an den Mitgliedern?
Die Gewerkschaft ist für uns Lohnabhängige die Heimat unserer Interessenwahrnehmung, sie ist der natürliche Ort, wo über alle ethnischen, religiösen und Parteigrenzen hinweg der Schulterschluss für Arbeitskämpfe und demokratische Kraftentfaltung stattfinden kann.
Schröder hat ein Nein zum Irak-Krieg ausgesprochen. Das ist gut so. Stoiber hat sich für einen Kniefall vor den Aggressionen der USA entschieden. Schröders Nein ist halbherzig und kriegsmotivierte SPD-Spitzen sägen bereits an seinem Stuhl. Das Volk aber will einfach keinen mörderischen Krieg, weil es an die Opfer denkt und weil dieser Krieg zutiefst ungerecht ist.
Wer glaubt denn die Phrasen des "Kampfs gegen der Terrorismus"?
Durch einen Krieg werde das Problem des Terrorismus nicht gelöst. Terror könne nicht durch Gegenterror gebrochen werden, sondern nur durch vernünftiges, solidarisches Handeln", so der hessische DGB-Chef Körzell.
Und auch in einer DGB-Resolution stehtt diese Art zahnloser Kritik:
"Eine umfassende Strategie gegen den Terrorismus erfordert neue wirtschaftliche, soziale und entwicklungspolitische Initiativen, sowie juristische Konsequenzen und notfalls mit einem UNO-Mandat versehene Militäraktionen." Was hat es mit dem Terror auf sich?
Durch ihre brutale Unterdrückungs- und Einmischungspolitik hat sich die USA Terrorakte angezogen, die aus ohnmächtiger Verzweiflung kommen. Dieser Terror nützt niemandem, er schadet nicht nur den Opfern und ihren Hinterbliebenen, er schadet den Ländern und Völkern, für die er Rache und Ausdruck des kulturellen Stolzes und des Kampfeswillens sein soll. Ja, er wird systematisch genutzt und gefördert durch Geheimdienste, um beliebige Vorwände für Knebelungen und Kriege zu erzeugen.
Diese terroristischen Verzweiflungstaten von Einzelnen oder Gruppen machen sich die USA zu nutze, sie nutzen sie um die Weltöffentlichkeit über ihr geostrategisches Kalkül zu täuschen. Die Attentäter wollten auf ihr Anliegen aufmerksam machen und den Gegner schwächen. Tatsächlich hat man sie unter Kontrolle und spannt sie als nützliche Idioten in die Politik der Eroberung ein. Man würde sie erfinden, wenn es sie nicht auch gäbe.
Der sogenannte Kampf gegen den Terrorismus endet regelmäßig mit einer Olipeline in Richtung USA. Es ist eine Illusion, von der US-Regierung "vernünftiges, solidarisches Handeln" mit dem Irak oder mit anderen Ländern, die auf deren Abschussliste stehen, zu erwarten. Die sogenannte "umfassende Strategie gegen den Terrorismus" erleben wir gegenwärtig als US-Außenpolitik. Wir brauchen sie weder als Staatspolitik, noch in Gewerkschaftsresolutionen.
Die Welt braucht fiedliche und auf gegenseitigen Vorteil ausgerichtete Beziehungen zwischen den Staaten und Völkern. Mit der glaubwürdigen Umsetzung einer solchen Politik durch die westlichen Länder verschwindet jeder internationale Terrorismus.
Im Volk hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass es den USA um die Aneignung fremden Öls im Nahen Osten und um die Ausweitung ihrer Vormacht geht. Ich appelliere hier an alle Politiker innerhalb und außerhalb der Gewerkschaft, die scheinheilige Propaganda der US-Regierung und ihrer Geheimdienste nicht als Auftrag zu innenpolitischer Täuschung fortzusetzen.
Die DGB-Jugend Hamburg hat schon vor Monaten folgendes beschlossen:
Sie lehnt weitere kriegerische Handlungen gegen den Irak ab. Die militärischen Truppen und Einheiten der USA und ihrer Verbündeten müssen sich aus dem Nahen Osten zurückziehen, das unmenschliche Wirtschaftsembargo muss beendet werden.
Das sind klare Worte.
Der Wilhelmsburger Aufruf sagt seit Monaten:
Bei einem neuen Krieg gegen den IRAK geht es, unter welchem Vorwand er auch immer geführt wird, um die Vorherrschaft am Golf und den Zugriff auf billiges Öl.
Auch das sind klare Worte.
Wir vermissen diese klaren Worte von unseren Volksvertretern und auch von den Vertretern der Gewerkschaftsmitglieder. Denn die Gewerkschaften sind schließlich kein Teil des diplomatischen Parketts.
Schauen wir auf die beiden Kriegsursachen, auf das Öl und die Hegemonialansprüche unserer angeblichen Freunde.
Die USA stehen am Abgrund ihrer eigenen Ölversorgung. Sie können nur noch weniger als die Hälfte Ihres Bedarfs fördern. Ihre Erde, enthält nur noch 20er ursprünglichen Menge. Jedes Jahr werden 5eniger gefördert. Die Abhängigkeit vom Nahen Osten nimmt zu, denn dort liegen weltweit die einzigen großen Felder, die noch mehr Öl enthalten als ihnen entnommen wurde.
Europas Hauptölquelle ist die Nordsee. Gerade seit der Jahrhundertwende beginnt auch bei ihr die Talfahrt, etwa die Hälfte des Öls ist bereits entnommen, ab diesem Jahr 2002 werden jedes Jahr 8eniger gefördert, nach 12-15 Jahren wird das Nordseeöl ausgelaufen sein. Auch Europas Abhängigkeit vom Nahen Osten nimmt also dramatisch zu.
Damit haben die europäische und die US-Wirtschaft massive Interessen am Öl im Nahen Osten.
Beide, insbesondere deren Mineralölkonzerne, erhoffen sich von der dortigen "Tankstelle" einen Rettungsanker auf Zeit. Beide Wirtschaften stehen vor ihrem Zusammenbruch, wenn das Öl nicht mehr regelmäßig oder gar nicht mehr fließt. Die milliardenschweren Konzerne setzen außenpolitisch eher auf Erpresung, Gewalt und Krieg, um an Öl heran zu kommen, innenpolitisch hemmen sie mit allen Mitteln den rapiden Fortgang solarer Energienutzung.
Das nahöstliche Öl erscheint aus dieser Interessenlage als überlebensnotwendiger Rohstoff und nicht nur als Reichtum, den man sich unter den Nagel reißt. Das wissen beide Machtgruppen.
Und beide wissen auch, dass die Verfügungsgewalt über das arabische Öl einen riesigen Machtzuwachs bedeutet. Wer an diesem Ölhahn sitzt und das Öl für andere Länder drosseln kann, hat die Macht, deren Wirtschaft zu erdrosseln und ihre Staaten gefügig zu machen. Das Weltöl in der Hand der US-Macht erlaubt ihr, Europa in den Status wirtschaftlich strangulierbarer Vasallen zu drücken.
Im Irak wird nicht nur das Schicksal des Nahen Ostens entschieden, sondern auch das Europas und der Welt.
Deshalb fordere ich: Raus aus der Sackgasse der Ölenergie, wir brauchen eine friedliche Revolution auf dem Energiesektor.
Wir sind nicht vom Terrorismus bedroht, sondern von der Unfähigkeit der regierenden Parteien landauf landab, die Interessen der Bevölkerung zu erkennen und in die Tat umzusetzen
Wir brauche mehr Selbständigkeit gegenüber jeder Regierung, das Volk muss laut auf der Straße und in seinen Organisationen, den Gewerkschaften, den Kirchen, den Verbänden und Vereinen fordern, was es für seine Wohlfahrt und seine Zukunft braucht.
Wir kämpfen dafür, dass der Irak-Krieg nicht stattfindet, dass die energetischen und monopolistischen Kriegsursachen ihre Macht verlieren und alle, Christen, Islamisten, Gewerkschafter, Lohnabhängige, Umdenker in Sachen Energie und Demokratie, die Jugend, alle, die keinen Krieg wollen und die ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen wollen, sie alle sind aufgerufen: Steht zusammen, verwendet Eure Organisationen als Organe des Friedens und der Demokratie.
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ver.di-Chef Rose unterstützt Friedensbewegung -
Kritik am Senat: ver.di gegen Irak-Krieg
Wolfgang Rose, Landesbezirksleiter der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, lehnt einen Krieg gegen den Irak ab und wirft dem US-Präsidenten George W. Bush "Kriegstreiberei" vor.
Rose sprach heute auf der Demonstration "Kein Krieg gegen den Irak! Solidarität mit der US- Friedensbewegung" in der Hamburger City. Der ver.di-Landeschef warnte in seiner Rede davor, die Terrorbekämpfung als Alibi für massive technische, geistige und politische Aufrüstung zu benutzen: So stelle das geplante Hamburger Verfassungsschutzgesetz einen "maßlosen Eingriff in den Kernbereich der Privat- und Intimsphäre" dar.
Rose sagte weiter, es gebe in den Hamburger Gewerkschaften eine breite Stimmung gegen einen Krieg gegen den Irak. Zur Kritik von "Pax Christi" sagte er: "Unser gewerkschaftlicher Protest gegen den Krieg bedeutet in keiner Weise eine Verharmlosung und Verteidigung des Diktators Hussein." Von der Bundesregierung erwarte er, dass sie sich auf die Beseitigung der Ursachen des Terrorismus konzentriere, die in den "ungerechten Strukturen der Weltwirtschaft" begründet seien. Jahr für Jahr kämen mehr als 50 Millionen Menschen durch Hunger ums Leben. Die Hälfte der Erdbevölkerung müsse mit weniger als zwei Dollar um das tägliche Überleben kämpfen.
Der ver.di-Landesbezirksleiter erklärte wörtlich: "Wir wollen diesen Krieg nicht, denn
· er würde Tausenden von Unschuldigen in der Zivilbevölkerung, darunter viele Kinder, das Leben kosten,
· er würde die Spirale der Gewalt im Nahen Osten weiter vorantreiben,
· er hätte eine riesige Umweltzerstörung zur Folge,
· er würde die Vereinten Nationen und den Sicherheitsrat endgültig zum Spielball amerikanischer Hegemonialinteressen machen."
Rose forderte Senat und Bürgerschaft auf, das umstrittene Verfassungsschutzgesetz zurückzunehmen, das das Abhören unverdächtiger Menschen ermöglichen und die Kontrollmöglichkeiten des Parlaments einschränken würde. Innensenator Schill versuche, Freiheit und Sicherheit gegeneinander auszuspielen: "Totale Sicherheit gibt es nur in einem totalen Überwachungsstaat."
Für Rückfragen: Wolfgang Rose, Mobil 0172- 43 447 99
26.10.2002
Am 22. Mai 2002 besuchte der Präsident der Vereinigten Staaten von Nordamerika den deutschen Kanzler. Zeitgleich erörterte der Gewerkschaftliche Arbeitskreis Frieden Hamburg, E-mail frieden.hamburg@berlin.de , die globale und lokale Lage. Hier das Einführungsreferat.
Thomas Immanuel Steinberg
Gegen Bush - aber mit wem?
1. Wer ist Bush?
Bush ist ein Mann der Ölkonzerne. 50 einer Wahlkampfkosten haben die US-amerikanischen Energieriesen getragen. Seine wichtigsten Helferinnen sind Condoleezza Rice von Exxon und Cheney von Halliburton.
Bush ist auch ein Mann der Rüstungsindustrie. Er hat den Rüstungsetat ins Astronomische gesteigert. Ein Teil der Firma Carlyle gehört ihm, das ist ein Finanzimperium auf Rüstungsbasis.
Bush hat einen Generalstaatsanwalt und Minister für Polizeisachen, Ashcroft. Ashcroft rechtfertigt ständig seine Verfassungsverstöße mit der herrschenden Ausnahmesituation Er ist Ehrendoktor einer Universität, an der Studenten ihre Eltern um Erlaubnis fragen müssen, wenn sie mit einem Träger anderer Hautfarbe ein Date abmachen wollen. Bushs Außenminister heißt nicht Terminator III, aber die Doktin, die seinen Namen trägt, Powell-Doktrin, hört sich so an. Sie lautet: Nicht kleckern, wie in Vietnam, sondern sofort klotzen, mit Flächenbomben, die den Namen Daisy-Cutter, Gänseblümchen-Schnitter, tragen; und mit viel abgereichertem Uran. Das ist Atommüll, der die Wirkung panzer- und felsbrechender Geschosse steigert. So hat Powell für Bush senior den Kuweit-Krieg gegen den Irak gewonnen, und so ist Bush junior in Afghanistan vorgegangen.
Bush hat als Gouverneur in Texas massenweise hinrichten lassen. In Guantánamo, der Stadt der schön besungenen Guantanamera, foltern seine Büttel Tag für Tag. Im eignen Land geht Bush so vor: Arabisch aussehende Leute werden eingelocht für Wochen, Islamanhänger bekommen Berufsverbot. Tausende sind in USA inhaftiert aus aktuellen politischen Gründen, zwei Prozent der Bevölkerung leben ohnehin im Gefängnis, teils leisten sie Zwangsarbeit für private Gefängniskonzerne, wie zu Abraham Lincolns Zeiten in den Südstaaten.
Bush läßt Festungen errrichten im Kosovo und Usbekistan, in Georgien und Kirgisien. Seine Stäbe putschen in Venuezela, dort hat privater Extraprofit gewunken, und er läßt Kriege vorbereiten gegen die halbe Welt.
Die christlichen Fernsehprediger Jerry Falwell und Pat Robertson besorgen dem Präsidenten die treuesten Anhänger. Die predigenn, daß in die US-Regierung nur Juden dürfen und Christen, keine Hindus oder Schiiten. Sie beweisen aus der Bibel, daß Araber totschlagen und Land besetzen ist, was Gott der Herr uns befohlen hat, Josua 1, Vers 4: Besetzt das Westjordanland und siedelt dort.
Woher weiß ich das alles?
Ein bißchen aus dem Spiegel und der jungen welt, ein bißchen aus Konkret und taz. Aber das meiste weiß ich, und das meiste wissen auch konkret und die junge welt aus Quellen jenseits des großen Teiches:
von antiwar.com und Counterpunch, von commondreams und The Nation, von George Caffentzis und Justin Raimondo. Das sind Leute in Wisconsin und New Jersey, an Unis oder in linken Zirkeln. Richtige Amis, kluge und fleißige Leute. Die sind gegen Bush. Sie kämpfen gegen Rice und die Ölkonzerne, gegen Rüstungsprofiteure und Kriegshetzer. Sie wehren sich mit den Mitteln, die sie haben: mit Aufsätzen und Büchern , im Internet, durch Demos, Blockaden, Aufrufe und politisches Kabarett - sie sind Kleinkünstler, grad wie wir auch.
2. Friedensamerikaner sind keine Antiamerikaner
Außerdem sind diese Amis noch alles mögliche, aber eines sind sie so wenig wie wir: Antiamerikaner. Einem Josef Joffe von der "Zeit", wenn sie ihn denn kennten, würden sie den Vogel, oder vielmehr, den Stinkefinger zeigen. Sie - von wegen antiamerikanisch.
Wie wir, so sind auch sie gegen Krieg, gegen Bush und seine Profitgeier.
Wir Friedensfreunde hier in Hamburg, in Deutschland stellen fest: Kanzler Schröder mag mit Bush und seiner Raubmörderbande solidarisch sein, mit den US-Amerikanern, von denen ich gerade gesprochen habe , ist er es nicht:
Schröder und Fischer helfen in Jugoslawien, in Afghanistan und in Usbekistan, in Kirgisien, Georgien, am Horn von Afrika und weiß der Kuckuck wo dem Bush beim Verminen des Erdballs.
Schilys und Schills Polizisten, womöglich die, die den Hamburger Journalisten Oliver Ness in den 90er Jahren zum Krüppel gemartert haben, bauen jetzt die afghanische Polizei auf.
Deutsche Spezialkämpfer, von Führungsoffizieren kommandiert, die unter Konteradmiral Lange, jetzt in Hamburg für Gewalt an Schulen zuständig, den letzten Schliff verpaßt bekommen haben, holen grad in Afghanistan Leuten, auf die sie treffen, die Gedärme aus der Bauchhöhle.
Schröder, der heiße Krieger vom Balkan und vom Kaspi-Meer, vermag freilich manchmal zu verblüffen. So forderte er auf dem New Yorker Weltwirtschaftsgipfel mehr "globale Gerechtigkeit". Das klingt ja zunächst ganz anders als die rassistischen Tiraden eines Ashcroft. Aber hören wir genau hin: Schröder fordert mehr "globale Gerechtigkeit". Also gibt es schon "globale Gerechtigkeit". Ein bißchen vielleicht in Steilshoop, und etwas mehr in Dahlem. Und noch nicht soviel in Bogotà. Aber da soll dann wohl mehr dazu, wenn's nach dem Kanzler geht. Ein bißchen noch nach Haiti und ein Löffelchen nach Bangladesch. "Mehr" globale Gerechtigkeit. Oh, was für ein zynisches Gebrabbel - in aller Öffentlichkeit.
Wir Friedensfreunde,
wenn wir Schröder hören;
wenn wir ihn zugunsten der Bürgerkriegspartei UCK in Jugoslawien intervenieren sehen;
wenn wir den Rüstungsprofit riechen, den er seinen Konzernfreunden auf der Reise nach Afghanistan zuschanzt –
dann könnten wir glatt antideutsch werden.
3. Wir sind keine Antieuropäer
Das tun wir aber nicht. Auch bei den Deutschen gibt es eben die Bushs auf der einen Seite, nur heißen sie Schröder, und die Friedenskünstler auf der andern Seite, und da stehen wir. Auch "europäisch" ist nicht besser - wie man uns von Chirac über José Bové und Chevènement bis Lafontaine und Cohn-Bendit neuerdings einreden möchte. Nahezu alle europäischen Nationen haben ihre Hab- und Mordgier bis in die jüngste Vergangenheit hinein unter Beweis gestellt. Nichts veranlaßt uns, Europäischem den Vorzug vor Amerikanischem zu geben. Aber deshalb sind wir auch bei Gott nicht antieuropäisch.
Wir sind gegen Raub und Krieg, voilà tout.
Als antideutsch bezeichnen wir uns auch aus einem weiteren, eher nebensächlichen Grunde nicht. In Berlin gibt es eine kleine Gruppe von Leuten um die ehemalige Hamburger Zeitschrift Bahamas. Diese kleine Gruppe nennt sich die Antideutschen. Diese Leute haben neulich gegen - ja gegen was eigentlich - demonstriert unter dem Motto: Solidarität mit Israel. Als Begründung für ihre Demonstration haben sie aufgeführt:
a) die Zunahme von Angriffen auf Juden, weil sie Juden sind
b) die Zunahme von Stellungnahmen aus aller Welt gegen die israelische Regierungspolitik.
Der Gewerkschaftliche Arbeitskreis Frieden Hamburg hat über das Verhältnis zwischen Antisemitismus und Kritik an Vertretern des Judenstaats noch nicht diskutiert. Wir werden auseinader pusseln müssen, wo sich Antisemitismus als politische Kritik verkleidet, um desto giftiger zu wirken. Und wir werden herausfinden müssen, wo ein universeller Antisemitismusverdacht Israel, vor allem Israel, gegen notwendige Kritik immunisiert und damit selber aggressive, ja kriegerische Züge annimmt.
Zur Solidarität kann ich aber vorwegschicken: Das Wort rostet. Der Arbeiterbeschwindler Lech Walesa hat es mit Weihwasser besprüht, und keiner hat das wertvolle Wort wieder trocken gewischt. Seitdem hat es braune Flecken. Danach hat Schröder den rostenden Notnagel "Solidarität" mit dem Adjektiv "uneingeschränkt" zum Widerspruch in sich verbogen. Und nun fordern die Berliner Antideutschen von uns antimilitärischen, antiherrschaftlichen, antiprofitmacherischen Leuten Solidarität - nicht mit den angegriffenen Juden, mit den israelischen Friedensfreunden oder mit den Israelis, die keine Gebietsausweitung wollen, nein. Sondern mit einem Staat, einem großen Rüstungsstaat, dem einzigen, der eine funktionierende Raketenabwehr besitzt - und obendrein die Atombombe.
Ich füge hinzu: Wir sind auch nicht antiisraelisch. Wir sind gegen Raub und Krieg, ebenso wie die, die neulich in Israel als "Frieden jetzt" und "Koalition für den Frieden" demonstriert haben. Shalom. - Salam, denn antiarabisch sind wir auch nicht.
4. Wofür denn dann?
Ja, wofür seid ihr denn, wird eine jetzt fragen. Man muß doch was tun gegen all die Räuber und Kriege. Darauf habe ich eine Antwort, die kürzlich von einer US-amerikansichen Regierungsstelle als "unamerican activity " bezeichnet wurde. "Unamerican activity" hieß in der McCarthy-Zeit zu Beginn des Kalten Krieges jede Kritik am Staat des freien Unernehmertums. Die un-amerikanische Antwort also lautet:
"Die einzige Art, dem Terrorismus ein Ende zu setzen, ist, nicht mehr dabei mitzumachen."
Diese in der Tat höchst unamerikanische und uneuropäische Antwort hat zwei Bedeutungen:
Erstens: Der von Bush entfachte und von Fischer und Schröder geförderte Terror in Mittelasien und im Nahen Osten ist von Bush, Fischer und Schröder zu beenden. Wer bisher bei Fischer oder Schröder mitgemacht hat - als Soldat, als Polizist, als Waffenverkäufer, Ethnologe, Verwaltungsjurist, Zuträger oder Claqueur, hat sein Mittun zu beenden. Das kann regelrecht in Widerstand ausarten.
Zweitens:
Der pakistanische ISI hat jahrelang Al Qaida, die Gruppe von bin Laden gefördert. Den ISI haben Bushs geistige und sonstige Väter hochgezogen. Mithilfe der Islamisten hat Brzezinski unter Carter die Sowjetunion in den Afghanistankrieg hineinmanövriert.
Den tschetschenischen Terrorismus haben die USA und ihre Alliierten bezahlt.
Die UCK in der kosovarischen und der mazedonischen Variante erhielt ihre Mittel aus bundesdeutschen und US-amerikanischen Quellen.
Wir sehen: Die einzige Art, auch diesen Terror zu beenden, ist, ihn nicht mehr zu unterstützen. Das kann regelrecht Arbeitsplätze kosten.
Jeder Beteiligte wird wie der Sonderling Bartleby beim Amerikaner Herman Melville sagen müssen:
I would prefer not to. Ich möchte lieber nicht.
Doch hinter dicken Mauern lauern noch allerhand realpolitische Argumente. Eines geht so:
"Typen wie bin Laden ist mit Argumenten nicht beizukommen, schon gar nicht mit 'I would prefer not to.' Die hassen und schlagen zu, die muß man bekämpfen, und zwar militärisch."
In der Tat sind solche Bilder über Terrorgruppen weit verbreitet. Nahezu unbekannt ist dagegen, was Al Qaida eigentlich will. Bin Ladens Ziele bleiben im Kommunikationsnebel stecken, und der Eindruck verfestigt sich: ein Irrer.
In Wirklichkeit hat bin Laden glasklare Forderungen gestellt, und zwar in seinem Al-Jazeera-Video vom Oktober 2001, das jeder unter news.bbc.co.uk nachlesen kann. Ich zähle sie hier auf, weil die augenblickliche Weltpolitik ein Rätsel bleibt, wenn man diese Forderungen nicht kennt. Sie lauten:
1. Die 6000 US-Soldaten sollen aus Saudi-Arabien rausgehen.
2. Die USA sollen Israel nicht mehr unterstützen.
3. Die USA sollen das Embargo gegen Irak aufheben.
Das sind drei Forderungen. Sie mögen Bush mißfallen, oder, was die zweite, also Israel anlangt, teilweise auch uns. Aber die Forderungen klingen nicht einfach bekloppt. Die erste wird sogar gerade erfüllt. Die USA verpflanzen ihre Nahost-Streitmacht gegenwärtig nach Katar und Oman. Und die Erfüllung der dritten Forderung, die Aufhebung des Embargos, könnte den irakischen Diktator schwächen statt stärken, wie es der Fortbestand des US-Embargos immer weiter tut. Deshalb doktert an der Embargo-Aufhebung auch gerade die UNO herum.
Aber selbst, wer bin Ladens Forderungen ablehnt, muß nicht mit Terror auf seine Aktionen reagieren. Auch die USA, auch Israel, Saudi-Arabien und europäische Länder können auf Forderungen reagieren, wie es sich gehört: mit Verhandlungen. Doch Verhandlungen waren meines Wissens nie Thema im Mainstream. Stattdessen wurden - sogar ziemlich erfolgreich - bin Ladens Ziele einfach versteckt gehalten!
Den Terror beenden, nicht mehr mitmachen, heißt also außerdem
drittens: Verhandeln, miteinander reden. Gerade mit Terroristen ist zu verhandeln . Norman Paech hat in seinen Völkerrechtsgutachten immer wieder hervorgekehrt: Jeder andere Weg verlängert und verschlimmert den Terror.
Für uns, die wir kein Verhandlungsmandat haben, heißt das ganz bescheiden: Wir sollten schnell Kontakt suchen zu israelisch-palästinensichen Friedengruppen, zu US-Peacenicks und Mittelasiaten aller Zungen. Dafür, und für die Zwischenzeit hat von unserer Gruppe Karl-Heinz Thier das Konzept formuliert:
"Eine Alternative zu Bush liegt ..nicht in einer EU-Militärmacht, die Bush in Schranken hält, wie (z.B.) Cohn-Bendit meint. Wenn die EU eine Alternative zu den USA sein will, muss sie sagen 'Krieg ist kein Mittel von Politik' und entsprechend handeln. Wir sind gegen Bush und an der Seite von allen, für die Krieg kein Mittel von Politik ist. Das sind alle Kriegsdienstverweigerer, alle Deserteure, alle, die ihr Land besetzen, das man ihnen nehmen will, alle, die Straßen besetzen, deren Verkehr sie kaputt macht, alle, die sich selbst organisieren und versorgen und damit aus dem Kapitalismus aussteigen. Das sind z.Z. Millionen. Bald werden es Milliarden sein. "
Danke.
Rede von Holger Griebner für den gewerkschaftlichen AK Frieden auf dem Ostermarsch 2002, Abschlusskundgebung St.Pauli Landungsbrücken
Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,
liebe Hamburgerinnen und Hamburger,
während des NATO-Angriffskrieges gegen Jugoslawien haben wir den gewerkschaftlichen Arbeitskreis Frieden gegründet. Ich selbst bin ver.di – Mitglied und arbeite in einem Betrieb der Hamburger Drogenhilfe. Ich möchte euch eine gute Nachricht überbringen:
ver.di und die Sozialpolitische Opposition Hamburg rufen gemeinsam zu einer Demonstration gegen die unsoziale Politik dieses Senats auf: 16. April 16.30 Uhr Moorweide.
Wir Beschäftigte in der Sozial-, Jugend-, Kinder-, Gesundheits- und Bildungsarbeit erleben, dass unsere Arbeitsgrundlagen zerstört werden. Die Regierungspolitik in Berlin und Hamburg ist eine Politik gegen unsere Berufe und Ideale. Es werden soziale Sicherungssysteme zerschlagen und systematisch gesellschaftlicher Reichtum von unten nach oben verteilt.
In unserer praktischen Arbeit können wir den Bedürfnissen Ausgegrenzter, Arbeitsloser, Sozialhilfeempfänger, Behinderter und Kranker immer weniger gerecht werden. Wir verwalten die Armut und waren angetreten sie zu bekämpfen. Die Sorge um das Wohlergehen unserer KlientInnen und PatientInnen tritt zurück hinter die Angst um unseren eigenen Arbeitsplatz. In einem Klima sozialer Kälte ist jeder sich selbst der nächste.
Repression und Aggression bestimmen die
Innen- und
Außenpolitik. Auf den politischen Bühnen wird gewetteifert, wie in allen gesellschaftlichen Bereichen dem Konkurrenzsystem bestmögliche Entwicklung geboten werden kann. Dabei werden Begriffe der Arbeiter- und Friedensbewegung missbraucht. Wer sich nicht scheut Flächenbombardements als humanitäre Operation zu bezeichnen, der hat auch keine Skrupel von Renten- und Gesundheits
reform zu sprechen, wenn die Zerschlagung sozialer Sicherungssysteme gemeint ist.
Während Deutschland wieder Krieg führt und täglich das erste Menschenrecht auf Leben verletzt, setzt sich auch innenpolitisch das Recht des Stärkeren gegen die Stärke des Rechts durch. Soziale und demokratische Rechte bleiben in dieser Stadt nicht erst seit dem CDU-, FDP-, Schill-Senat auf der Strecke.
Wir fordern starke Bürgerrechte gegen das Recht des Stärkeren
Systematisch werden durch den Verkauf öffentlicher Unternehmen die Finanzierungsgrundlagen unserer Arbeit zerstört. Der neue Senat forciert Entwicklungen, die bereits unter SPD/Grün eingeleitet wurden: Ausschreibungen sozialer Projekte, Teilprivatisierungen profitabler stadteigener Betriebe, Brechmitteleinsatz gegen jugendliche schwarze Kleindealer, Zwangsarbeit für Sozialhilfeempfänger. Nie saßen so viele Hamburgerinnen und Hamburger im Knast wie heutzutage.
Wir fordern sozialen Wohnungsbau statt neuer Knäste und Bürgerrechte statt law and order
Zauberworte wie Qualitätssicherung und neue Steuerung dienen der Verschleierung der Verteilungsverhältnisse. Der Sparzwang ist ein Ideologischer Kampfbegriff.
Denn: Geld ist genug da. Geld für den Lehrplan statt Bomben auf Afghanistan
Gewerkschafts-, soziale- und Friedensbewegung sind einerseits sehr verschieden, setzen sich unterschiedlich zusammen und haben verschiedene Ziele und Schwerpunktsetzungen. Andererseits haben sie einen gemeinsamen Gegner. Dieser Gegner ist das Konkurrenzsystem, das alles der privaten Aneignung von Profit unterordnet. Und brutalster Ausdruck dieser Konkurrenz ist der Krieg. Daher müssen Gewerkschaften uneingeschränkte Solidarität mit der Friedensbewegung üben und sie müssen wieder selbst Teil der Friedensbewegung werden. Nur mit einer Vision vom Leben ohne Ausbeutung, Armut und Krieg weltweit werden wir (soziale Bewegung, Gewerkschaftsbewegung und Friedensbewegung) gemeinsam Menschenrechte im Norden und Süden dieser kleinen zerbrechlichen Welt sichern. Schluß mit der Bescheidenheit. Wir haben das Signal von Porto Allegre verstanden. Wir verlangen weltweit andere Produktions- und Verteilungsverhältnisse in denen der Mensch Maßstab aller Entscheidungen ist. Zunächst sehen wir uns wieder am 16. April auf der Demo gegen unsoziale Politik dieses Senats und am 1. Mai für Frieden und weltweite Solidarität. Danke.